Mittelalterliche Mikwe in Miltenberg/Main

Lebendiges Wasser

Die Mikwe ist ein Tauchbad, das mit "lebenden Wasser" gefüllt ist, ein natürlicher Zu- und Abfluss ist Voraussetzung. So kommt nur Regen-, Grund- oder  Quellwasser zur Verwendung. Es darf weder herangetragen, noch anderweitig trasportiert werden. Die rituelle Reinigung diente zur Wiedererlangung der geistigen Reinheit. So zum Beispiel forderte der Brauch, dass Frauen nach der Geburt, nach der Menstruation, nach dem Umgang mit Toten oder nach Krankheiten die Mikwe aufsuchten. Dieser rituellen Reinigung ging eine akribisch genaue Körperreinigung voraus.

 

Fachwerkhaus in der Löwengasse, vor und nach der Renovierung. Im Keller des Hauses befindet sich eine mittelalterliche Mikwe, ein jüdisches Ritualbad. Besichtigung möglich.

Half-timbered house in the "Löwengasse", before and after refurbishment. In the cellar of the house is a medieval mikvah, a Jewish ritual bath. Tours possible.

Maison à colombages dans la "Löwengasse", avant et après les travaux de rénovation. La cave de la maison abrite un micvé moyenageux, un bain rituel juif. Visite possible.

 

Nach der Fassaden Sanierung 06./07.2023.

 

Bei, vor und nach der Freilegung 2004.

Um 1900.


Mittelalterliche

Mikwe in Miltenberg

„Lebendiges Wasser“

מִקְוֶה

Eine Dokumentation mit allgemeinen Erläuterungen von Werner Reuling.

 

 

Wer kennt es nicht, das schmale, schiefe Haus von Miltenberg. Täglich stehen Besucher der Stadt mit seitlich- und weit nach hinten geneigtem Kopf vor dem Haus und sie bestaunen verwundert das sehr schmale, hohe und spitzgiebelige Fachwerkgebäude mit der ehemaligen Hausnummer 399, heute Löwengasse 1.

In den städtischen Prospekten ist zu lesen, dass sich eine Mikwe im Keller des Gebäudes befinden soll, auch ist von einem jüdischen Frauenbad bzw. Judenbad die Rede.

 

Was ist eine Mikwe?

Das hebräische Wort Mikwa bedeutet Wasseransammlung. In der rabbinischen Literatur wird „Mikwa“ jedoch nur im religiösen Sinn verwendet.

Die Mikwe, ein rituelles Tauchbad, hat in den jüdischen Gemeinden eine sehr hohe Bedeutung [1]. Jede Gemeinde war im Besitz eines solchen Tauchbades.

Eine Mikwe unterliegt im Bau sowie in der Nutzung bestimmten Regeln. Das Wasser muss besondere Anforderungen erfüllen, es muss sogenanntes „lebendiges“ Wasser sein. Das heißt, es darf nur Wasser natürlichen Ursprungs[2] für diesen Zweck verwendet

werden. Es darf weder herangetragen, noch anderweitig transportiert werden. Daher kommt grundsätzlich nur Quell-, Grund- oder Regenwasser in Frage. Das Tauchbecken soll mindestens 40 Sea[3] Wasser enthalten können. In der allgemeinen Praxis liegt die ideale Wassermenge selten unter 1000 Liter [4].

Eine Mikwe wird von Frauen, aber auch von Männern genutzt. So müssen sowohl weibliche wie auch männliche konvertierte das Tauchbad aufsuchen[5].

Allerdings gibt es für Männer keine von der Tora vorgegebene weitere Pflicht im reinigenden Wasser einer Mikwe unterzutauchen. Im Laufe der Zeit haben sich allerdings verschiedene Bräuche entwickelt. Aber auch Männer besuchen, zum Beispiel vor hohen Feiertagen, vor jedem Sabbat [6] oder vor dem täglichen Morgengebet die Mikwe.

Idealerweise, so schreibt der Rabbiner der jüdischen Gemeinde Osnabrück, Avraham Radibil: sollten jede Gemeinde unterschiedliche Mikwaot haben, eine für Frauen und eine für Männer. Doch falls es nur eine gibt, und selbst wenn es nur eine Frau gibt, die nicht in dieselbe Mikwe mit den Männern gehen möchte, ist es, laut Rabbiner Mosche Feinstein, Grund genug, diese als eine reine Frauenmikwe zu deklarieren und den Männern den Zugang zu untersagen.

Neben Männern und/oder Frauen, welche eine Mikwe nutzen, soll auch neues Geschirr vor dem ersten Gebrauch in eine Mikwe getaucht werden, das Ritual darf aber nicht an hohen Feiertagen oder am Sabbat durchgeführt werden.

 



[3] 1 Sea entspricht 1/3 Epha das sind 7,3-13 Liter, Bibelstelle: 2 Kön 7,1 ((Wikipedia, 2021), 40 Sea. also mindestens 292-520 Liter.

[4] Diese Angaben sind natürlich abhängig von der jeweiligen Tauchbeckengröße.

[5] Der Übertritt zum Judentum ist vollständig, wenn die Konvertierten in Anwesenheit des Rabbinatsgerichtes in einer Mikwe untergetaucht sind  (Radbil, 2016).

[6] Der Sabbat ist in der jüdischen Woche der siebte Tag der Woche und somit der Ruhetag. Er beginnt Freitagabend, sobald die Sonne untergeht und endet am darauffolgenden Samstag, sobald die Sonne untergegangen ist. Er dauert ungefähr 25 Stunden  (Google, 2019)


[1] Vielen ist nicht bekannt, aber die Mikwe ist so essenziell und bedeutend, dass ihr Bau sogar Vorrang vor der Errichtung einer Synagoge hat. So steht es im Talmud, Megilla 27a. (Radbil, 2016).

[2] Die Tora (3. Buch Mose 11:36 –Doch die Brunnen und Gruben und Teiche bleiben rein…) lehrt uns, dass das Wasser einer Mikwe einen natürlichen Ursprung haben soll, also kommen nur Regen- oder Grundwasser in Frage. (Radbil, 2016)

 

Die rituelle Reinigung stammt aus der Zeit der Propheten, um 750 bis 700 v. Chr. und hat den Sinn einen Menschen oder einen Gegenstand im geistigen Sinne zu reinigen – das Unreine soll symbolisch weggespült werden. Die Vorschriften nennen verschiedene Gründe für ein solches Ritual: Kontakt mit Toten, nach bestimmten schweren Krankheiten, am Vorabend der Hochzeit, nach der Menstruation und nach der Geburt eines Kindes. Der Besuch der Mikwe darf erst nach Sonnenuntergang stattfinden, damit von dieser privaten Angelegenheit kein Dritter erfährt.

Während des Rituals darf nichts Körperfremdes, wie zum Beispiel Schmuck, getragen werden. Eine gründliche körperliche Reinigung in einem Wannenbad und eine zusätzliche Körperpflege, wie zum Beispiel das Zähneputzen und Fingernägel schneiden sind Voraussetzungen für die folgende Durchführung des Ritualbades im Tauchbecken. Nichts darf den direkten Kontakt zwischen Körper und Mikwenwasser behindern. Die Person wird von einer sogenannten Mikwefrau, manchmal auch Helferin genannt, die für die Belange der Mikwe zuständig ist und auch die sachgerechte Durchführung der Vorbereitung und des Rituals überwacht, begleitet. Kein loses Haar darf am Körper anhaften.

Die Helferin legt ein Tuch über den Kopf der Person und spricht den Segen: „Baruch ata adonai eloheinu melech ha-olam asher kid-shanu b´mitzvo-tav v´tzi-vanu al ha-tevilah“, wie es bereits seit Jahrhunderten schon getan wird. übersetzt lautet der Segen:

„Gesegnet seist Du, Ewiger, unser Gott, König des Universums, der uns mit seinen Geboten geheiligt hat und uns das Ritual des Untertauchens befohlen hat“.

Anschließend steigt die Frau die Stufen zum Becken hinunter und taucht ein, d.h. der gesamte Körper, der Kopf und die Haare müssen unter der Wasseroberfläche sein. Je nach Brauch bzw. selbst befolgten Gewohnheiten wird das Untertauchen drei- oder sieben Mal durchgeführt. Meisten jedoch wird das Untertauchen einmalig durchgeführt. Auch dieser Vorgang wird von der Helferin genau beobachtet, um sicherzustellen, dass die Durchführung auch den überlieferten Geboten entspricht. Jetzt kann die Besucherin ihre ganz persönlichen Gebete sprechen, das sind Augenblicke höchster Spiritualität.

Die U.S. amerikanische Schriftstellerin, Faye Kellerman beschreibt 1986 in ihrem ersten Roman: „The Ritual Bath“, deutscher Titel: „Geh nicht in die Mikwe“, sehr ausführlich den Ablauf einer rituellen Reinigung[7].



[7]Rina (die Helferin) überzeugte sich davon, dass an Sarahs Rücken, Brust und Armen keine losen Haare hängengeblieben waren (Sarah hatte sich zuvor 40 Minuten körperlich gereinigt). Dann stellte sie die Routinefragen. Hatte Sarah sich die Zähne geputzt? War sie auf der Toilette gewesen? Hatte sie alle Fremdkörper – Ringe, Ohrringe, Zahnprothesen – von ihrem Körper entfernt? Sarah bejahte alles fast automatisch, und Rina gab ihr die Erlaubnis, das Bad zu betreten. Sarah stieg die acht Stufen hinab. Das Wasser bedeckte jetzt ihre Brüste. Als Rina ihr zunickte, tauchte sie mit offenem Mund und offenen Augen unter, bis das Wasser über ihrem Scheitel zusammenschlug, und tauchte wieder auf. Als Rina bestätigte, dass der Tauchvorgang ordnungsgemäß vollzogen war, wiederholte sie ihn noch zweimal. Dann reichte Rina ihr einen Waschlappen, Sarah bedeckte das Haar, sprach laut das vorgeschriebene Gebet, setzte noch ein paar Worte für sich hinzu und gab den Waschlappen zurück. Danach tauchte sie noch viermal unter und stieg aus dem Becken heraus. Rina hielt das Tuch mit weit ausgebreiteten Armen so, dass sie für Sarah nicht zu sehen war. Es ist das Vorrecht einer Frau, die aus der Mikwe kommt, sich völlig unbeobachtet zu fühlen. Dann musste sie in den Aufenthaltsraum gehen“.

(Kellermann, 1986)

 

 

Das Mittelalter in Miltenberg

 

Das letzte Jahrzehnt des ausgehenden 13. Jahrhunderts, war die Zeit der Fertigstellung der ersten Synagoge in Miltenberg, eine der ältesten erhaltenen Synagogen Europas. Der erste Stadtring verlief im unteren Teil der Stadt (Abb. 9), von heimischen Bürgern „Schwarzviertel“ genannt auf der Höhe des heutigen Bannhauses und dem ehemaligen Bezirksamt. 

Auf der Höhe der Löwengasse stand zu jener Zeit noch der 1826 abgetragene Stumpfturm (Abb. 10, Nr. 3), dieses Tor war im ausgehenden 13. Jahrhundert der aktuelle Stadteinlass. Dort, auf diese Höhe befand sich mainseitig, die Junkerspforte Abb. 10, Nr. 22). Was bedeutet, dass die Mikwe zu jener Zeit vor den Toren der Stadt lag.  

Um 1290 wurde die erste Synagoge in Miltenberg errichtet. Ein Synagogenbau setzt, auch der Finanzierung wegen, das Vorhandensein einer jüdischen Gemeinde voraus. Wohl ist anzunehmen, dass durch die Verleihung der Stadtrechte (erste urkundliche Erwähnung, Miltenbergs als Stadt, 1237) es vermehrt jüdische Händler in die Stadt zog.

Michael Joseph Wirth, schreibt in seiner Chronik der Stadt Miltenberg (Seite 230, Abs. 1): Unfehlbar waren im 13. Jahrhundert schon Juden in Miltenberg wohnhaft, denn Erzbischof Heinrich erteilte den Bürgern in Miltenberg im Jahre 1338 einen Gnadenbrief, wonach kein Jude wegen Schulden, worauf er zur Zeit, als man die Juden schlug, verzichtet hat, dieselben soll vor Gericht fordern können.

Mag die gute Gesinnung gegenüber den jüdischen Bürgern oft ein Grund gewesen sein sich in Miltenberg nieder zu lassen- in anderen Gegenden war das zu dieser Zeit nicht so.

Jüdische Gemeinden waren allerdings schon seit der Spätantike ansässig. Es ist gut vorstellbar, dass jüdische Bürger, bei den Rückreisen der Kriegszüge der römischen Heere mitgereist sind, um Neues zu entdecken. Ähnliche Sachverhalte sind auch bei den Kreuzzügen der Christen[8] vorstellbar. Die erste urkundliche Erwähnung über das Leben jüdischer Bürger in Deutschland[9], zeigt eine frühmittelalterliche Handschrift aus dem Jahre 321.

Wie das Alltagsleben und die Wohnsituationen für jüdische Bürger zu dieser Zeit waren, beschreibt sehr ausführlich das Buch: „Deutschland, oder Briefe eines in Deutschland reisenden Deutschen“. Vierter und letzter Band. Stuttgart, bei Gebrüder Franckh, 1828. Über die Quartiersituation kann man lesen:

Das Mittelalter hatte doch ungeheure Flecken, 1140 [10] und 1249 [11] gab es förmliche Judenschlachten in der Stadt – sein Geist wirkte fort bis auf unsere Zeiten, und recht sichtlich noch vor 50 Jahren im Judenquartier zu Frankfurt.

Zitternd ging ich als Knabe an der Hand meines Oheims [12], der nicht ermangelt hatte mir von jenem Christen-Knäblein zu erzählen durch die Höhle, wo das Volk Israel eingesperrt war, wie eine Herde Schweine, und Sonntags durften sie gar nicht einmal aus ihrem Stalle heraus, noch weniger auf den Spaziergängen sich sehen lassen.

Sonst durften sie sich Sonntags gar nicht blicken lassen, ja selbst ihre Briefe auf die Post durften sie nur auf einem gewissen vorgeschriebenen Weg abgeben, ohne zur Rechten noch zur Linken abzuweichen.

 

 

15 Meter vor den Toren der Stadt lag also das jüdische Ritualbad, in unmittelbarer Nähe der Synagoge welche keine eigene Mikwe besaß.

Um aber das Glaubensritual durchführen zu können, mussten die Frauen demnach die sichere Stadt verlassen. Wenn zu dieser Zeit überhaupt ein einfacher jüdischer Bürger im sicheren Stadtring wohnen durfte. Es ist wahrscheinlicher, dass jüdische Bürger und Händler in Holzbaracken am Rande oder vor den Toren der Stadt lebten und auch dort ihren Handel betrieben. Dass eine Mikwe etwas abseits liegt ist, wie wir wissen nichts Ungewöhnliches, sondern vielmehr ein sehr nützliches Detail. So kann der Besucher oder die Besucherin diskret und unbeobachtet die Einrichtung aufsuchen und auch verlassen.

Das Leben im sicheren Stadtring, blieb ein Privileg der Handelsleute, die, durch ihre Eigenschaft als Geldverleiher, auch den Synagogenbau bewirken und finanzieren konnten. 

1346 erfolgte die erste Stadterweiterung. Nicht einfach aus dem Nichts, auch nicht unter der Devise: „Erst mal die Mauer bauen und dann die Häuser“. Nein, die Stadterweiterung war nötig. Scheunen, Stallungen, Gärten, Brunnen und natürlich auch jüdische Ansiedler lebten hier schon seit Jahren. Bauern führten ihr Vieh tagsüber auf die fruchtigen Weiden des Mainufers und brachten es nachts in die sichere Stadt zurück. Die Bürger bewirtschafteten ihre Gärten denn der Türmer warnte bei Gefahr mit seinem Horn.

 

Michael Joseph Wirth schreibt in seiner „Chronik der Stadt Miltenberg“: 

Eine Urkunde vom Jahre 1361 nennt jenen Stadttheil beim Münzerbrunnen[13] die Judenstadt, weil daselbst die Juden wohnten. Dem Juden Samuel Lazarus, welcher im Jahre 1719 den gnädigsten Schutz in Miltenberg erlangt hatte und sich in der Hauptstraße niederlassen wollte, wurde solches auf die vom Rathe erhobene Beschwerde abgeschlagen.

 

 

 


[8] Der Erste Kreuzzug war ein christlicher Kriegszug zur Eroberung Palästinas, zu dem Papst Urban II. im Jahre 1095 aufgerufen hatte. Sein ursprüngliches Ziel war die Unterstützung des Byzantinischen Reiches gegen die Seldschuken. Der Kreuzzug begann 1096 zum einen als bewaffnete Pilgerfahrt von Laien, zum anderen als Zug mehrerer Ritterheere aus Frankreich, Deutschland u. Italien und endete 1099 mit der Einnahme Jerusalems durch ein Kreuzritterheer (Wikipedia, Erster Kreuzzug, 2021)

[9] 321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Am 11. Dezember 321 erlässt der römische Kaiser Konstantin ein Edikt (Gesetz). Es legt fest, dass Juden städtische Ämter in der Kurie, der Stadtverwaltung Kölns, bekleiden dürfen und sollen. Dieses Edikt  belegt eindeutig, dass jüdische Gemeinden bereits seit der Spätantike wichtiger integrativer Bestandteil der europäischen Kultur sind. Eine frühmittelalterliche Handschrift dieses Dokuments befindet sich heute im Vatikan und ist Zeugnis der mehr als 1700 Jahre alten jüdischen Geschichte in Deutschland und Europa  (e.V., 2021).

[10] Gemeint ist wohl das Pogrom von 1147 aufgrund der Ermordung von „Dietrich“.

[11] “Rindfleisch-Pogrom“.

[12] Oheim, mittelhochdeutsch, Bruder der eigenen Mutter (Onkel mütterlicherseits).

[13] Gemeint ist das damalige Gebiet, Ecke Pfarrgasse/Mainstraße, heutiges Gasthaus „Schönenbrunnen“ bis zur Löwengasse.

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Der Eingang zur Mikwe befand sich an der Südseite des Kellerraums, von der jetzigen Hauptstraße kommend, er ist heute noch vorhanden, allerdings durch die Zugangsänderung und dem damit verbundenen Verbau und Einbau einer Sandsteintreppe leider nicht sichtbar.

 

Die Kellerdecke (Holz) befand sich im 14.Jh. auf dem Niveau der heutigen Straße (wobei damals natürlich das Straßenniveau auch tiefer lag). Das Kellergeschoss war ausschließlich aus Sandstein gemauert. Darüber befand sich ein Stockwerk, in Fachwerkbauweise, mit einem Spitzgiebeldach. In diesem Stockwerk befand sich der Aufenthaltsraum und dahinter (westlich) das „Reinigungsbad“. Der Aufenthaltsraum besaß an der nördlichen Außenwand einen Abgang (Holztreppe) zur Mikwe. 

 

27.Januar 1838

Nachdem die im Keller der Geschwister Dinkelmann befindliche Judentauche nach dem Gutachten des Fürstlichen Amtsphysikats „der Gesundheit höchst nachtheilig“ ist und ihre Örtlichkeit auch nicht erlaubt, die schlechte Beschaffenheit derselben durch anderweite Einrichtung zu beseitigen. So kann dieselbe zum gebrauche der Judenweiber nicht weiter gestattet werden. Vielmehr ist dieselbe zur Verhütung alles ferneren Gebrauchs von Polizei wegen zu schließen.

Der Stadtmagistrat wird daher beauftragt, diese Tauche zu verschließen, den Schlüssel hierzu in eigene Verwahrung zu nehmen und zur Verhütung alles unerlaubten Gebrauchs, das magistratische Siegel zweckmäßig anzulegen, auch den Dinkelmannischen Geschwistern bei namhafter Geld- oder Arreststrafe zu untersagen den Gebrauch dieser Tauche irgendjemand zu gestatten; sich selbst aber durch unvermuthete Visitationen von dem steten Vollzug dieser Anordnung zu versichern.

Den dahiesigen Juden hat der Stadtmagistrat diese Verfügung mit dem Bedeuten zu eröffnen, dass ihnen zwar gestattet seye, eine andere zweckmäßige Judentauche zu errichten, dass diese Einrichtung aber nicht ohne zustimmendes Gutachten des Amtsphysikats geschehen könne, und hierzu nur ein Lokal von gesunder Lage und Beschaffenheit und nicht dumpf und kalt gewählt werden könne.

Daß übrigens die Zutheilung nach Kleinheubach nach dem Gutachten des Distriktsrabbinats nicht statthaben könne, weil nach eingegangener Erkundigung von dem Fl. Herrschaftsgericht daselbst die dortigen Judentauche wegen ihrer schlechten Beschaffenheit ebenfalls geschlossen worden sey.

Kurz, Herrschaftsrichter  (Aus: Stadtarchiv Fach 32/16 -Akten des Magistrats in Miltenberg- das Judenbad)

 

1888 wird, wohl wegen des starken Bergwasserzuflusses, das Tauchbecken verkleinert und bergseitig eine Ziegelwand hochgemauert. Gleichzeitig wird der Abstieg um 3 Stufen erweitert. Die Mikwe erhält eine neue U-förmige Einfassung und ein neues Abstieggeländer. Ältere Teile des ursprünglichen Geländers werden im unteren Teil belassen.

Jakob Josef Schirmer schreibt 1910 in der handschriftlichen „Chronik der Stadt Miltenberg “folgendes:

Das seit lagen Jahren in dem früher Abraham Dinkelmann gehörigen, später aber am 7. März 1881 um 1300 Mark von der Kulturgemeinde erworbene Frauenbad im Haus No. 399, welches rituellen Vorschriften gemäß von der Kultusgemeinde unterhalten werden musste, diente den in gesundheitlicher Beziehung notwendigen Anforderungen schon lange nicht mehr, weßhalb die Gemeinde, bei der Unvermögenheit des Dinkelmann dasselbe herzurichten, schon am 29. Mai 1864 selbst beim Rabbiner in Aschaffenburg anregte, da Anwesen zu erwerben und daselbst einen Neubau herstellen zu wollen, wenn seitens der Regierung eine Kollekte bei den Glaubensgenossen bewilligt würde; da aber die Gemeinde damals nicht Besitzerin des Anwesens war, konnte eine solche Bewilligung nicht erfolgen.

 

Als aber später die Gemeinde Besitzerin diese Anwesens geworden war, konnte sie sich bei dem Mangel an Mitteln statt eines Neubaus am 26ten August 1888 nur dazu entschließen, eine gründliche Reparatur vorzunehmen, welche auch alsbald durchgeführt wurde, wodurch die Einrichtung in verbesserter Weise ihrem Zwecke weiter dienen konnte.

 

 

In diesen Bauphasen wird auch das Kellergeschoss mehrmals umgebaut. So wird der Eingang von der Südseite verlegt. Das Bodenniveau erhöht und das Kellergewölbe ca. 120 cm abgebrochen.

 

Um dem Besucher zu verdeutlichen, was ältere und jüngere Bestände sind, wurden die jüngeren verputz. Die älteste Bauphase, in massivem Sandstein geschlagen, ist aus statischen Gründen und wegen der Begehbarkeit des Raumes leider nicht vorzeigbar.

 

Der Blog ist noch nicht Abgeschlossen, Die fertigstellung ist in Arbeit.

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